Daniel Stein und Hans-Peter Meinzer, Heidelberg
Chirurgische Therapie des HCC Möglichkeiten der Zukunft

In der Abteilung Medizinische und Biologische Informatik (MBI) des Deutschen Krebsforschungszentrums wurde in Kooperation mit der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg ein Operationsplanungssystem für die Viszeralchirurgie entwickelt. Das neue System zielt dabei primär auf die Resektionsplanung von Leber- und Pankreastumoren ab sowie auf die Schnittplanung einer Leber-Lebendspende. Das Deutsche Krebsforschungszentrum ist an weiteren Kooperationen zur Evaluation des Systems interessiert und würde sich über eine Kontaktaufnahme freuen.

Dreidimensionale Darstellung

ALT ATTRIBUTE Abb. 1: Die präoperativ erstellte Operationsplanung steht dem Chirurgen auch intraoperativ zur Verfügung. Über einen Monitor können während der Operation angepasste Ansichten der individuellen Anatomie dargestellt werden.

Für die Durchführung der Planung wird das Medical Imaging Interaction Toolkit (MITK) (Wolf et al., 2005) eingesetzt. Es kann als Plug-In für das Pacs-System CHILI (Engelmann et al., 1999) verwendet werden und bietet dadurch direkten Zugriff auf die Bilddatensätze, die bisher schon standardmäßig für die Therapie angefertigt werden. Während der Planung werden in einem mehrstufigen Prozess zweidimensionale Schnittbilder aufbereitet, so dass dem Mediziner neu gewonnene Informationen in dreidimensionalen Bildern präsentiert werden können. Den Radiologen und Chirurgen werden darüber hinaus wichtige quantitative Maßzahlen wie z.B. Organ- und Tumorvolumina zur Verfügung gestellt, die in der klinischen Routine kaum zu erheben sind. Im Fokus steht dabei die Planung von Leber-Tumorresektionen, Leber-Lebendspenden sowie von Pankreas-Tumorresektionen. Eine geeignete Bildgebung vorausgesetzt, kann fast die komplette Gefäßanatomie des Bauchraumes dargestellt werden. Zusammen mit den wichtigsten Organen werden sie dreidimensional rekonstruiert und in einer interaktiven Szene dargestellt. Alle Strukturen können ein- und ausgeblendet oder transparent dargestellt werden.

Quantitative Auswertung

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Abb. 2: Dreidimensionale Rekonstruktion einer individuellen Leber. Dargestellt sind die portalvenöse Blutversorgung (lila), Lebervenen (hellblau), Arterien (rot), Gallenblase und Gallengänge (grün).

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Abb. 3: Schnittplanung für eine Leber-Lebendspende für die Anatomie aus Abbildung 2. Dargestellt sind hier nur noch die Portalvenen, die Lebervenen und die Gallenblase. Die rechte Leberhälfte (blau) verbleibt im Spender, die linke (rot) wird für den Empfänger entnommen.

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Abb. 4: Dreidimensionale Rekonstruktion der Organe und Gefäße des Bauchraums. Zu sehen ist die Leber mit Gallenblase, die Milz, die Nieren, sowie der Pankreas mit einem Tumor (hellgrün). Einige Organe wie zum Beispiel der Magen wurden der Übersichtlichkeit halber ausgeblendet.

Eine besondere Herausforderung für den Chirurgen stellen Tumoren in unmittelbarer Nähe zentraler Gefäßstrukturen in der Leber dar. Zentral gelegene oder eine große Anzahl von Tumoren führen zu Volumendefekten und räumlich komplexen Resektionsflächen, was ein hohes Maß an räumlichem Orientierungsvermögen von dem Chirurgen erfordert. Gleiches gilt für Rezidiv-Leberoperationen, bei denen Teile der Leber bereits entfernt wurden. Bei diesen Eingriffen, aber auch bei Operationen an zirrhotisch veränderten Lebern, ist ein maximales Restlebervolumen zu erhalten. Deswegen stehen Radiologen und Chirurgen neben der dreidimensionalen Visualisierung wichtige quantitative Parameter wie beispielsweise die Darstellung der Tumorlokalisation im Kontext der umgebenden Gefäßsysteme zur Verfügung. Bilddaten von unterschiedlichen Untersuchungstechniken oder Zeitpunkten können fusioniert werden, wodurch eine kombinierte Darstellung von Venen, Arterien und Gallengängen ermöglicht wird. Auf Basis der Lage der Tumore in Relation zu den Gefäßen werden Resektions-vorschläge berechnet, die Versorgungs- bzw. Drainagegebiete der zu schneidenden Gefäße approximieren. Diese Gebiete werden anhand der Segmenteinteilung von Couinaud aus dem Jahr 1957 berechnet (Couinaud, 1957). Dabei wird die Leber ausgehend von den großen Lebervenen in acht Segmente eingeteilt, die bei einer kompletten Resektion des entsprechenden Gefäßes nicht mehr versorgt wären und absterben würden. Je nach Lokalisation und Größe des Tumors wird dann eine Resektionsfläche geplant, die entweder solche Segmente als  Ganzes oder nur das nicht mehr versorgte Teilgebiet mit Hilfe einer räumlich komplexeren Resektionsfläche entfernt, um möglichst viel Lebervolumen zu erhalten. Die resultierenden Restorganvolumina sind ein wichtiger Indikator für die Operabilität des
Patienten. Auf dieser Basis können patientenindividuelle Resektionsvorschläge erstellt, und verschiedene Operations-strategien gegeneinander abgewogen werden.

Verfügbarkeit der Planungsergebnisse

Die Planungsergebnisse stehen nicht nur im Vorfeld der Operation, sondern auch direkt im Operationssaal zur Verfügung, um eine exakte Umsetzung der Operationsplanung in den intraoperativen Situs zu ermöglichen (Abb. 1).

Leber-Lebendspende

Die Leber-Lebendspende wird zukünftig an Bedeutung gewinnen, weil eine zunehmende Diskrepanz zwischen der Anzahl von Organspendern und potentiellen Empfängern besteht. Ein gesunder Spender darf dabei nicht zu Schaden kommen (Null-Morbidität). Durch die verfügbaren quantitativen Parameter können potentielle Spender besser ausgewählt und beurteilt werden. Hierbei liegt das Hauptaugenmerk darauf, ob beide Leberhälften mit der geplanten Schnittführung ein ausreichend großes Volumen bieten, um sowohl für den Spender als auch für den Empfänger alle notwendigen Funktionen zu erhalten. Dabei hängen die benötigten Lebervolumina von dem Gewicht des Spenders beziehungsweise des Empfängers ab. Ein weiterer wichtiger Faktor in der präoperativen Planung ist die Kontrolle der Gefäßsysteme (Abb. 2 und 3). Das Erkennen von atypischen Gefäßverzweigungen  wird in einem dreidimensionalen Modell deutlich vereinfacht und erhöht somit die Sicherheit des Spenders.

Erweiterung der Leberplanungssoftware auf andere Organe

Die Darstellung und Analyse von Strukturen außerhalb der Leber ermöglicht es darüber hinaus, dass in Heidelberg die ersten bildgestützten Pankreastumorresektionen durchgeführt wurden (Abb. 4).

Fazit

Im Bereich starrer anatomischer Strukturen in der Orthopädie und auch Neurochirurgie sind computergestützte Systeme inzwischen fester Bestandteil der präoperativen Planung und des intraoperativen Einsatzes geworden. In der Viszeralchirurgie haben sich computergestützte Operationsplanungssysteme bislang kaum in der klinischen Routine durchsetzen können, da sich bei der Bildgebung und Bildanalyse durch die enorme anatomische Individualität zwischen Patienten besondere technische Herausforderungen ergeben. Das neue System, das am Deutschen Krebsforschungszentrum entwickelt wurde, bietet für den Chirurgen viele Vorteile. Durch die neuen Informationen wird sowohl die Planung der Operation als auch ihre Durchführung erleichtert. Für den Patienten bedeutet dies eine sicherere Operation.

Literatur:

Couinaud, C. 1957. Le foie, études anatomiques et chirurgicales. Paris: Masson. 1957.

Engelmann, Uwe et al. 1999. Borderless Teleradiology with CHILI. Journal of Medical Internet Research. December 13, 1999.

Wolf, Ivo et al. 2005. The Medical Imaging Interaction Toolkit. Medical Image Analysis 9. 2005, pp. 594-604.

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